Dienstag, 6. März 2007

Verbindungen


mein früherer Chef aus dem OP schickt mir Regenbogenfotos aus Marburg :)
Ansonsten komm' ich nicht zu besonders viel. Die Arbeit ist schon anstrengen, macht aberauch Spass. Nur in den letzten Tagen stört mich immer öfter der Gedanke, dass ich da nur für die Kids der Reichen arbeite. Dann lieber wieder Krankenhaus :)
O.k., die Kinder haben keine Schuld dran, aber das System ist ätzend..
Wenn ich mich nicht total verhört habe, hat heute so eine kleine Rotznase zu ihrer Freundin gesagt :" Hier sind wenigstens keine armen( =kriminellen!) Kinder !"
Und: ich darf die gesamten 1400 Schüler registrieren auf ihre Krankheitsgeschichte hin. Dabei guck' ich mir natürlich die Formulare an und siehe da, man muss die Rasse/ Hautfarbe angeben.
Klar, reine Statistik ! Und klar, es sind natürlich alle weiss, auch die, bei denen das Foto ganz was anderes zeigt ! Dabei sind sie so wahnsinnig hübsch, die milchkaffeeefarbenen Kinder !!! Sie könnten so stolz drauf sein !
Einen Einzigen hab ich bisher gefunden, der sich diesem System widersetzt und hingerschrieben hat "raça humana" (menschliche Rasse). Andere geben nichts an oder es gibt kein Foto...
Aber nein, Rassismus gibt es hier nicht !!
Herrgottsakra !

5 Kommentare:

kvinna hat gesagt…

Schön, dass du Zeit gefunden hast, dir wenigstens mal Luft zu machen!

Rassismus, was ist das eigentlich genau? Vielleicht in erster Linie die Angst vor allem, was anders ist als man selbst? Das wäre im Grunde so leicht zu überwinden.

Was für eine Art von Gehirnwäsche ist da am Werk?

Und die Kinder beten ja auch nur das nach, was sie zu Hause vorgebetet bekommen.

"Spiel' nicht mit den Schmuddelkindern!", damit bin auch ich vollgepumpt worden als Kind.

Und heute? Ich denke, wir leben alle in unseren eigenen Gettos. Rentner getrennt von jungen Familien getrennt von "Menschen mit Migrationshintergrund" getrennt von "Menschen mit Behinderung". Alles fein sortiert wie in der Perlenkiste meiner Tochter.

Zum Zusammen-Kommen muss eine bewusste Anstrengung unternommen werden.

Im Bekannten bleiben ist bequemer.

Das gilt für so vieles.

Ich nehme an, in Brasilien gibt es auch einige Parallelgesellschaften?

Sati hat gesagt…

Auf Kuba gibt es auch keine Mulatos - bei einer Erhebung war es genauso wie bei Dir, die haben sich alle als "weiß" eingetragen.
Das sitzt tief mit dem Rassismus, auch dort. In Santiago gibt es die meisten Schwarzen, ca. 90 % der Bewohner sind dunkelhäutig, und es war mal ein ganz interessantes Gefühl für mich, als "Minderheit" durch die Straßen zu gehen. Mein Trommelmeister ist auch schwraz und ich war mal bei einer mehr oder weniger offen-rassistischen Konfrontation auf der Straße dabei, als er von einem "Weißen" angegangen wurde. Das ist nicht lustig.
Ja, ich finde sie auch wunderschön und ja, die Kinder können nichts dafür, sie werden halt dressiert, wie wir alle. Gott sei Dank kann der Mensch sich auch wieder ent-dressieren...
Liebe Grüße aus einem frühlingshaft-sonnigen Köln, das Zweigestirn

Ursel hat gesagt…

Danke, Kvinna und Labbatú !!

LAbbatú, es gab auch gar keine Spalte für "schwarz"... Sie sind hier im Süden des Landes auch in der Minderheit.

Als ich 1995 nach Bahia (Salvador da Bahia) kam, war das ganz anders : da war ich in der Minderheit, wie Du auf Cuba.

Liebe Grüsse

Ursel

Gabriela B. Lopes hat gesagt…

In São Paulo war ich mal bei einer Veranstaltung des Movimento Negro. Die einzig wirklich "Weisse" war dabei ich. Das fiel mir aber erst auf, als ich der Ministerin für Rassengleichheit (gibt es wirklich) die Hand gab.
Interessant an der Veranstaltung war, dass einer der Redner den "Schwarzen" Rassismus vorwarf, weil sie die Indios bei ihrem Bestreben der Rassengleichheit ausschliessen. Bei der Besichtigung eines Projektes für afrobrasilianische Strassenkinder reagierte der Projektleiter auch nicht gerade gelassen, als ich ihn fragte, warum es nur für afrobrasilianische Kinder sei und bei den Aktionen nur diese Kultur gefördert werde.
Mir geht es bei dem Thema ähnlich wie bei der Frauenfrage: es ist doch völlig gleich, ob Mann oder Frau, ob Schwarz oder Gelb. Auch deshalb finde ich die Antwort "raça humana" super.
Abgesehen von meiner Einstellung bekommen aber selbst wir den "Rassismus" zu spüren. Alessandro ist ein sogenannter "Mischling", wunderschön Milchkaffeefarben. Da werde ich hin und wieder mit einem gewissen Unterton gefragt, ob ich denn tatsächlich "Schwarze" möge. Mir selbst wurde anfangs auch so manches Mal das rote Tuch gezeigt. Hier im Süden haben viele Brasilianer erhebliche Vorbehalte gegenüber Argentinier. Mein bayerisches "r" beim sprechen und meine etwas dunklere Erscheinung (zumindest nicht weissblond...) lassen erst einmal vermuten, dass ich Argentinierin bin. Etliche Male wurde ich ohne Antwort stehen gelassen, wenn ich jemanden etwas gefragt hatte. Mittlerweile hat sich herum gesprochen, dass ich Deutsche bin. Das finden einige ganz toll. Eine Frau, die mich vorher geschnitten hat, kam dann auch mal an und hat sich entschuldigt, weil sie dachte ich sei Argentinierin und nicht Deutsche. "Macht das einen Unterschied", habe ich gefragt und sie hat mich nur schief angelächelt.
Rassismus sitzt hier leider sehr tief, sowohl bei den Schwarzen als auch bei den Weissen. Wer aber zu leiden hat und das teilweise mit einer schlechten Ausbildung, Arbeitslosigkeit und Hunger bezahlen muss, das sind in der ganz überwiegenden Mehrheit schwarze Frauen. Seufz. Ein endlos Thema.
Dennoch freut es mich, dass es mit deiner Arbeit geklappt hat, Ursel. Glückwunsch noch nachträglich....
Liebe Grüsse
Gabriela

Ursel hat gesagt…

Ja, das hast leider Recht, Gabriela !

Danke für die Glückwünsche !!

Danke auch für Deinen treffenden Post zum Thema Gewalt. Du kannst das echt gut beschreiben auf Deutsch, was hier grad so abgeht. Mir fehlen da oft die Worte, aber auch die Musse, das in eine Form zu bringen.

Ich meld mich wieder.